AG Glia

Mikroglia sind die Immunzellen des zentralen Nervensystems (ZNS), die kontinuierlich das Nervengewebe abtasten und das zelluläre Gleichgewicht aufrechterhalten. Sie besitzen eine hohe Plastizität und nehmen unterschiedliche Zustandsformen (Phänotypen) an, die hauptsächlich von der Region im ZNS, dem Geschlecht und dem Alter abhängen. Werden Mikroglia durch eine Erkrankung des ZNS aktiviert, sind sie in der Lage ihren Phänotyp krankheitsspezifisch zu verändern und mit der Freisetzung verschiedener Signale gezielt auf ihre Umgebung einzuwirken. Die verschiedenen Phänotypen erlauben es den Mikroglia unterschiedliche, zum Teil gegensätzliche Auswirkungen auf ihre Umgebung zu haben. Somit bestimmen Mikroglia im Krankheitsfall maßgeblich das Ausmaß sekundärer Nervenschädigung und auch die endogene Kapazität zur Regeneration. Ziel der AG Glia ist herauszufinden, i) welche Regulatoren im Gesunden und in unterschiedlichen neurologischen Erkrankungen ausschlaggebend für den Phänotyp der Mikroglia sind und ii) wie Mikroglia in der Folge mit ihrer Umgebung interagieren. Denn erst wenn wir verstanden haben, wie die Kommunikation zwischen den Zellen im ZNS im Gesunden und im Krankheitsfall funktioniert, können wir neue Angriffspunkte für Therapien identifizieren, welche die Mikroglia in dem Maße beeinflussen, dass Zustände der neuronalen Funktionsstörung und sekundäre Nervenschädigung begrenzt und die Regeneration unterstützt werden.

Das Bild zeigt primäre Mikroglia in der Zellkultur
Priv.-Doz. Dr.--Vay-Sabine
Priv.-Doz. Dr. Sabine Vay

Leiterin der AG Glia

Projekte

Astrozyten beeinflussen den Mikroglia Phänotyp
Charakterisierung unbehandelter und aktivierter Astrozyten (stimuliert mit den Cytokinen TNFα, IL1β, and IFNγ) unter dem Einfluss von Osteopontin. A) Quantitative real-time-PCR zur Expressionsanalyse von Complement Component 3 (CC3) und B) von S100A10 C) Obere Reihe: Repräsentative immunzytochemische Fluoreszenzfärbungen von Astrozyten mit Darstellung von S100A10 (rot) und GFAP (grün); untere Reihe: immunzytochemische Färbung von Astrozyten mit Darstellung von CC3 (grün) and GFAP (rot); Hoechst färbt alle Zellkerne blau; Maßstabsleiste= 20 µm. (From: Vay et al., Journal of Neuroscience Research 2021)
Charakterisierung unbehandelter und aktivierter Astrozyten (stimuliert mit den Cytokinen TNFα, IL1β, and IFNγ) unter dem Einfluss von Osteopontin. A) Quantitative real-time-PCR zur Expressionsanalyse von Complement Component 3 (CC3) und B) von S100A10 C) Obere Reihe: Repräsentative immunzytochemische Fluoreszenzfärbungen von Astrozyten mit Darstellung von S100A10 (rot) und GFAP (grün); untere Reihe: immunzytochemische Färbung von Astrozyten mit Darstellung von CC3 (grün) and GFAP (rot); Hoechst färbt alle Zellkerne blau; Maßstabsleiste= 20 µm. (From: Vay et al., Journal of Neuroscience Research 2021)

Eine Hypothese in unseren Untersuchungen ist, dass als ausschlaggebende Regulatoren der Mikroglia-Aktivierung eine andere gliale Zellart, die sogenannten Astrozyten involviert sind.

Astrozyten stellen die zahlenmäßig am größten vertretene Zellpopulation des zentralen Nervensystems dar. Ein pathophysiologisches Verständnis der Astrozyten- Mikroglia- Kommunikation bspw. beim zerebralen Schlaganfall gilt es zu erlangen, um im nächsten Schritt die Funktionserholung nach einem ischämischen Schlaganfall durch die Modulation der glialen Beziehung zu verbessern.

Untersuchung der Effekte der Glia auf die neuronale Funktion
Primäre kortikale Neurone in Kultur bilden ein funktionierendes neuronales Netzwerk, in dem neuronale Aktivität gemessen werden kann. A) Repräsentative immunzytochemische Fluoreszenzfärbung von Neuronen (Tuj1 in grün), die Synapsen ausbilden (Synapsin1, rot). Hoechst färbt alle Zellkerne blau. Maßstab ist auf dem jeweiligen Bild angezeigt. Zur Messung der neuronalen Aktivität werden auf einem Microelectroden Array (MEA) Neurone kultiviert (B), in dem an insgesamt 60 Elektroden die Aktivität gemessen wird. C) zeigt eine Momentaufnahme der Messung (jedes Quadrat entspricht der Aktivität einer Elektrode). Quelle: Uniklinik Köln
Primäre kortikale Neurone in Kultur bilden ein funktionierendes neuronales Netzwerk, in dem neuronale Aktivität gemessen werden kann. A) Repräsentative immunzytochemische Fluoreszenzfärbung von Neuronen (Tuj1 in grün), die Synapsen ausbilden (Synapsin1, rot). Hoechst färbt alle Zellkerne blau. Maßstab ist auf dem jeweiligen Bild angezeigt. Zur Messung der neuronalen Aktivität werden auf einem Microelectroden Array (MEA) Neurone kultiviert (B), in dem an insgesamt 60 Elektroden die Aktivität gemessen wird. C) zeigt eine Momentaufnahme der Messung (jedes Quadrat entspricht der Aktivität einer Elektrode). Quelle: Uniklinik Köln

Unsere Annahme ist, dass in verschiedenen neurologischen Erkrankungen eine Fehlregulation der Glia (Mikroglia und Astrozyten) zu einer bedeutenden neuronalen Aktivitätsveränderung führt, die sich unter anderem in kognitiven Störungen oder pathologischen Bewegungsabläufen widerspiegelt.

In diesen Projekten untersuchen wir Mikroglia und Astrozyten und ihren Einfluss auf die Aktivität von Neuronen unter normalen sowie pathologischen Bedingungen. Beispielsweise untersuchen wir den Einfluss von Hypoxie, SARS-Cov2-Infektion oder medikamentös-induzierter Phänotypveränderungen und untersuchen den Einfluss dieser „dysregulierten“ Glia auf die Morphologie und Funktion neuronaler Netzwerke. Ziel ist es, die Glia-induzierte neuronale Aktivitätsveränderung im Kontext der unterschiedlichen pathologischen Einflüsse zu zeigen und zu charakterisieren, um dann auch die Schlüsselregulatoren der Glia-Neuronen Kommunikation zu identifizieren.

Weitere Informationen

Ausgewählte Publikationen

Klein I, Boenert J, Lange F, Christensen B, Wassermann MK, Wiesen MHJ, Olschewski DN, Rabenstein M, Müller C, Lehmann HC, Fink GR, Schroeter M, Rueger MA, Vay SU. Glia from the central and peripheral nervous system are differentially affected by paclitaxel chemotherapy modulating their neuroinflammatory and neuroregenerative properties. Front Pharmacol. 2022 Nov 2;13:1038285. doi: 10.3389/fphar.2022.1038285. PMID: 36408236; PMCID: PMC9666700

Vay SU, Olschewski DN, Petereit H, Lange F, Nazarzadeh N, Gross E, Rabenstein M, Blaschke SJ, Fink GR, Schroeter M, Rueger MA. Osteopontin regulates proliferation, migration, and survival of astrocytes depending on their activation phenotype. J Neurosci Res. 2021 Nov;99(11):2822-2843. doi: 10.1002/jnr.24954. 2021 Sep 12. PMID: 34510519.

Schlusche AK, Vay SU, Kleinenkuhnen N, Sandke S, Campos-Martín R, Florio M, Huttner W, Tresch A, Roeper J, Rueger MA, Jakovcevski I, Stockebrand M, Isbrandt D. Developmental HCN channelopathy results in decreased neural progenitor proliferation and microcephaly in mice. Proc Natl Acad Sci U S A. 2021 Aug 31;118(35):e2009393118. doi: 10.1073/pnas.2009393118. PMID: 34429357; PMCID: PMC8536352.

Abraham JA, Blaschke S, Tarazi S, Dreissen G, Vay SU, Schroeter M, Fink GR, Merkel R, Rueger MA, Hoffmann B. NSCs Under Strain-Unraveling the Mechanoprotective Role of Differentiating Astrocytes in a Cyclically Stretched Coculture With Differentiating Neurons. Front Cell Neurosci. 2021 Sep 24;15:706585. doi: 10.3389/fncel.2021.706585. PMID: 34630042; PMCID: PMC8497758.

Boltze J, Aronowski JA, Badaut J, Buckwalter MS, Caleo M, Chopp M, Dave KR, Didwischus N, Dijkhuizen RM, Doeppner TR, Dreier JP, Fouad K, Gelderblom M, Gertz K, Golubczyk D, Gregson BA, Hamel E, Hanley DF, Härtig W, Hummel FC, Ikhsan M, Janowski M, Jolkkonen J, Karuppagounder SS, Keep RF, Koerte IK, Kokaia Z, Li P, Liu F, Lizasoain I, Ludewig P, Metz GAS, Montagne A, Obenaus A, Palumbo A, Pearl M, Perez-Pinzon M, Planas AM, Plesnila N, Raval AP, Rueger MA, Sansing LH, Sohrabji F, Stagg CJ, Stetler RA, Stowe AM, Sun D, Taguchi A, Tanter M, Vay SU, Vemuganti R, Vivien D, Walczak P, Wang J, Xiong Y, Zille M. New mechanistic insights, novel treatment paradigms, and clinical progress in cerebrovascular diseases.
Front Aging Neurosci; 2021 Jan 28;13:623751. doi: 10.3389/fnagi.2021.623751
PMID: 33584250

Vay SU, Flitsch LJ, Rabenstein M, Monière H, Jakovcevski I, Andjus P, Bijelic D, Blaschke S, Walter HL, Fink GR, Schroeter M, Rueger MA. The impact of hyperpolarization-activated cyclic nucleotide-gated (HCN) and voltage-gated potassium KCNQ/Kv7 channels on primary microglia function. J Neuroinflammation. 2020 Apr 6;17(1):100. doi: 10.1186/s12974-020-01779-4. PMID: 32248813; PMCID: PMC7132998.

Rabenstein M, Vay SU, Blaschke S, Walter HL, Ladwig A, Fink GR, Rueger MA, Schroeter M. Crosstalk between stressed brain cells: direct and indirect effects of ischemia and aglycemia on microglia. J Neuroinflammation. 2020 Jan 24;17(1):33. doi: 10.1186/s12974-020-1697-8. PMID: 31980036; PMCID: PMC6982395

Blaschke SJ, Demir S, König A, Abraham JA, Vay SU, Rabenstein M, Olschewski DN, Hoffmann C, Hoffmann M, Hersch N, Merkel R, Hoffmann B, Schroeter M, Fink GR, Rueger MA. Substrate Elasticity Exerts Functional Effects on Primary Microglia. Front Cell Neurosci. 2020 Nov 5;14:590500. doi:10.3389/fncel.2020.590500. PMID: 33250714; PMCID: PMC7674555.

Rabenstein M, Unverricht-Yeboah M, Keuters MH, Pikhovych A, Hucklenbroich J, Vay SU, Blaschke S, Ladwig A, Walter HL, Beiderbeck M, Fink GR, Schroeter M, Kriehuber R, Rueger MA. Transcranial Current Stimulation Alters the Expression of Immune-Mediating Genes. Front Cell Neurosci. 2019 Oct 25;13:461. doi: 10.3389/fncel.2019.00461. PMID: 31708742; PMCID: PMC6824260.

Vay SU, Flitsch LJ, Rabenstein M, Rogall R, Blaschke S, Kleinhaus J, Reinert N, Bach A, Fink GR, Schroeter M, Rueger MA. The plasticity of primary microglia and their multifaceted effects on endogenous neural stem cells in vitro and in vivo. J Neuroinflammation. 2018 Aug 13;15(1):226. doi: 10.1186/s12974-018-1261-y. PMID: 30103769; PMCID: PMC6090672.

Rabenstein M, Vay SU, Flitsch LJ, Fink GR, Schroeter M, Rueger MA. Osteopontin directly modulates cytokine expression of primary microglia and increases their survival. J Neuroimmunol. 2016 Oct 15;299:130-138. doi: 10.1016/j.jneuroim.2016.09.009. Epub 2016 Sep 14. PMID: 27725111.

Vay SU, Blaschke S, Klein R, Fink GR, Schroeter M, Rueger MA. Minocycline mitigates the gliogenic effects of proinflammatory cytokines on neural stem cells. J Neurosci Res. 2016 Feb;94(2):149-60. doi: 10.1002/jnr.23686. Epub 2015 Nov 3. PMID: 26525774.